DIE STILLE DER UNSCHULD - DER KÜNSTLER GOTTFRIED HELNWEIN, Kino-Dokumentarfilm, 116 Min., Deutschland © 2009
Buch & Regie: Claudia Schmid; Kamera: Susu Grunenberg; Ton: Jens Krähnke; Schnitt: Kawe Vakil; Mischung: Christof Glade; Farbkorrektur: Dany Schelby; Untertitel: Ralph Sikau, Parabol Pictures; Produzentin: Birgit Schulz; Produktionsleitung: Monika Mack; Redaktion: Reinhard Wulf. Eine Bildersturm Filmproduktion in Co-Produktion mit WDR/3sat; Gefördert durch die Film- und Medienstiftung NRW. Verleih: MFA+
Seit über 30 Jahren ist Gottfried Helnwein einer bekanntesten und zugleich einer der umstrittensten deutschsprachigen Künstler der Nachkriegszeit. Seine Arbeiten sind begehrt bei den renommiertesten Museen der Welt und seine Ausstellungen erzielen die höchsten Besucherzahlen. Mit seinen hyperrealistischen Darstellungen gequälter Mädchen aus den 70er Jahren bis hin zu den Malereien und Fotografien von heute schockiert, fasziniert und berührt er ein weltweites Publikum.
Gottfried Helnwein ist ein Künstler klarer Aussagen, ungezügelt und eigenwillig. Er konfrontiert die Betrachter fast immer mit den dunklen Seiten menschlicher Natur, der Manifestation von Gewalt und Macht. Sein zentrales Thema ist das Kind als verletztes und misshandeltes Wesen. Der Künstler führt uns die Leidensfähigkeit des Menschen am Schicksal des Kindes vor Augen und macht den Betrachter zum Mitwissenden und Mittäter. In seinen Selbstbildnissen stellt er den Künstler als einen mit dem Kind verbündeten Märtyrer dar. Seine Bilder dringen ins Unterbewusstsein und rufen die individuellen Schreckensbilder der eigenen und der kollektiven Geschichte wach. Der Betrachtende kann sich kaum der Faszination entziehen, die von der Detailgenauigkeit der Fotografie in Verbindung mit dem inneren Leuchten altmeisterlicher Malerei herrührt.
Gottfried Helnwein, 1948 geboren, wuchs im düsteren Wien der Nachkriegszeit auf. Seine Kindheit war vom strengen Katholizismus geprägt - eine Welt voller Inszenierungen von Schuld und Sühne, Folter und Blut, Wunden und Märtyrertum. Farben existierten für ihn zunächst nur in den Folter- und Leidensdarstellungen der katholischen Kirche, bis er die farbenfrohen Geschichten von Donald Duck und Entenhausen entdeckte, die sein Leben verändern sollten. Helnwein führte das Leben eines Außenseiters, eckte immer wieder an und bekam auf seine Lebensfragen keine Antwort. Das gesellschaftliche Schweigen über die NS-Zeit und die damit verbundene Schwere hatte ihn schon als Kind fasziniert. Bereits als Schüler beschäftigte er sich eindringlich mit dem nationalsozialistischen Erbe und den perfiden Mechanismen des Faschismus. Als Künstler gestaltete er dann später eine Installation mit Kindergesichtern zur Reichskristallnacht.
Gottfried Helnwein ist ein politischer Künstler. Die kritische Auseinandersetzung mit Geschichte und aktueller Politik und Gesellschaft durchdringt sein ganzes Werk: weltweite Kriege, Amerikanismus, Globalisierung, Kapitalismus, Genmanipulation oder Gewalt in den virtuellen Welten werden in seinen Arbeiten thematisiert. Dabei vereint Helnwein in seinem Werk extreme Gegensätze: Das Triviale etwa der Disneykultur wechselt ab mit Untergangsvisionen. Die Reinheit des Kindes wird mit Schreckensdarstellungen von Kindesmissbrauch kontrastiert. Seine späteren Bilder strahlen trotz Leid eine Stille voll poetischer Schönheit aus. Neben Zeichnung, Malerei, Fotografie und Installation gestaltet Helnwein auch Bühne und Kostüme für Theater und Oper.
Die Filmemacherin Claudia Schmid hat Gottfried Helnwein zwei Jahre lang begleitet und ihn in verschiedenen Schaffensprozessen in seinem Schloss in Irland und in seinem Atelier in Los Angeles beobachtet. Dabei gibt der Film einen sensiblen Einblick in die Intensität des künstlerischen Prozesses und in Helnweins persönliches Umfeld, das auch die Freundschaft zum kalifornischen Gouverneur Arnold Schwarzenegger einschließt, der zu seinen Sammlern gehört. In der Verbindung von filmischer Beobachtung und Gesprächen über Kunst, Politik und Gesellschaft entsteht ein dichtes Portrait über einen radikalen und kompromisslosen Freigeist von heute.
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